FAQ Geflügelpest


Warum muss im Falle des Ausbruchs der Geflügelpest unverzüglich der gesamte Bestand getötet werden?
In den Fällen, in denen der Geflügelpesterreger in einer Vogelhaltung nachgewiesen wurde, ist nach der Geflügelpest-Verordnung zwingend die sofortige Tötung aller Vögel in diesem Bestand anzuordnen. Diese Maßnahme ist notwendig, um die Infektionsquelle so schnell wie möglich zu beseitigen, und so die Möglichkeiten der Übertragung auf Wildvögel in der Umgebung und auf andere Geflügel- und Vogelhaltungen effektiv zu verringern.
Ausgenommen von der Tötung sind lediglich Tauben, die für das Virus weniger empfänglich sind, den Erreger nur in geringer Menge ausscheiden und deshalb weder selbst erkranken noch für die Weiterübertragung der Tierseuche eine Rolle spielen.
Für die Feststellung des Ausbruchs der Geflügelpest reicht der Nachweis des Erregers bei einem Vogel des Bestands aus. Aufgrund der leichten Übertragbarkeit ist davon auszugehen, dass im Falle der Feststellung des Ausbruchs bei einzelnen Tieren im Bestand bereits eine Übertragung auf weitere Tiere des Bestandes stattgefunden hat. Eine Untersuchung aller Vögel ist somit nicht notwendig und rechtlich auch nicht vorgesehen.

Warum dürfen betriebsfremde Personen den Bestand nicht ohne Erlaubnis der zuständigen Behörde betreten?
Um eine Weiterverbreitung des Geflügelpesterregers aus dem Bestand zu verhindern, wird der Bestand gesperrt. Das bedeutet u.a., fremde Personen dürfen den Bestand nur mit Genehmigung der Veterinärbehörde betreten und Gegenstände, die mit dem Erreger in Kontakt gekommen sein können, dürfen nicht aus dem Bestand verbracht werden. Ein Verbringen von Gegenständen oder Material aus dem Seuchenbestand muss unter bestimmten Sicherheitsvorkehrungen erfolgen. Damit sind die Entnahme und der Versand von Untersuchungsproben nur durch Vertreter der Veterinärbehörde selbst oder mit deren Genehmigung und nach näherer Anweisung zulässig. Im Fall Freiensteinau bedeutet dies: Da die Herkunft von Proben und der Probennehmer der Proben, die am 12. Januar im LHL eingegangen sind, nicht bekannt ist und diese Proben ohne Abstimmung mit der zuständigen Behörde entnommen wurden, sind solche Untersuchungsergebnisse nicht belastbar. Zudem wären die Fristen für eine Untersuchung nach Verenden der letzten positiven Tiere im Bestand zu kurz für eine aussagekräftige Untersuchung zur Gesundheit der beprobten Tiere.

Warum sind keine Ausnahmen für seltene und artengeschützte Tierarten möglich?
Für artengeschützte Vögel ist in der Geflügelpest-Verordnung eine Ausnahmemöglichkeit von der Tötung vorgesehen. Um von dieser Ausnahme Gebrauch machen zu können, müssen Einrichtungen, in denen artengeschützte Vögel gehalten werden, vor einer Feststellung der Geflügelpest im Bestand, ein Konzept vorlegen, in dem detailliert die Desinfektionsmaßnahmen sowie die personellen und baulichen Voraussetzungen beschrieben werden, mit denen eine Weiterverbreitung des Erregers im Bestand verhindert werden soll. Das Vorlegen des Konzeptes vor einem eventuellen Seuchenausbruchsfall dient dem Zweck, im Ernstfall direkt und ohne Zeitverlust die nötigen Absonderungs- und Hygienemaßnahmen treffen zu können. Dieses Konzept muss in Hessen von dem zuständigen Regierungspräsidium genehmigt worden sein. Für den betroffenen Bestand wurde nie eine Ausnahmegenehmigung unter Vorlage eines solchen Konzeptes beantragt. Die Bedingungen vor Ort sind zudem weder geeignet eine Weiterverbreitung der Tierseuche unter den Vögeln im Bestand zu unterbinden noch die Infektion wildlebender Vögel zu verhindern.
Neben der Einschätzung durch die Veterinärbehörde des Vogelsbergkreises und des Regierungspräsidiums Gießen äußerte auch das Friedrich-Loeffler-Institut anhand der Fotos aus dem Bestand in Freiensteinau, dass unter den vorhandenen Bedingungen die Vorgaben für ein Konzept für die Ausnahme von der Tötung nicht zu erfüllen sind. Auch der 8. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Kassel hat in seiner zurückweisenden Entscheidung ausgeführt, Sinn und Zweck des § 19 Abs. 1 Satz 1 der Geflügelpestverordnung sei, die Verbreitung der Geflügelpest wirksam zu unterbinden - und zwar im Rahmen einer gebundenen Entscheidung durch Tötung des gesamten Vogelbestandes, für den hinsichtlich eines gehaltenen Vogels die Geflügelpest amtlich festgestellt worden sei. Auf die Größe des Bestandes oder eine Gewinnerzielungsabsicht des Halters komme es dabei nicht an. Die Hobbytierhaltung des Antragstellers unterfalle deshalb diesem Gebot, denn die unterschiedlichen Unterbringungsorte der von ihm gehaltenen Vögel seien im Hinblick auf die weitere Ausbreitung der Vogelgrippe nicht ausreichend räumlich getrennt. Das Vogelgrippevirus könne etwa durch einfachen Luftzug oder durch das zur Pflege der Tiere vorgesehene Personal, das zwischen den einzelnen Haltungsorten hin und herlaufe oder vorliegend sogar durch die Käfige hindurchgehe, übertragen werden. Die Zweifel des Antragstellers an der Ausbreitung der Seuche seien unbegründet, da das Friedrich-Löffler-Institut in einer Veröffentlichung ausgeführt hat, dass das HPAI-Virus H5N5/N8 nicht nur bei toten, sondern auch bei klinisch gesund beprobten Enten und Gänsen bzw. in Kotproben dieser Vögel nachgewiesen worden ist.

Warum wird das FLI nicht zur Klärung der Eintragsursache eingebunden?
Bereits am 11. Dezember 2020 wurde bei fünf Höckerschwänen, die an den Ober-Mooser Teichen verendet aufgefunden wurden, der Erreger der Geflügelpest nachgewiesen.
Am 4. Januar wurde bei zwei verendeten Pfauen in der Vogelhaltung in Freiensteinau durch das Hessische Landeslabor aviäres Influenzavirus nachgewiesen. Weitere 12 Pfaue waren ebenfalls verendet. Die Vogelhaltung liegt rund 4 Kilometer von den Ober-Mooser Teichen entfernt direkt an einem offenen Gewässer, auf dem sich wildes Wassergeflügel aufhält. Da der Auslauf, den die Pfauen sowie anderes Geflügel nutzen, direkt an das freie Gewässer grenzt, ist ein Eintrag des Erregers durch wildlebendes Wassergeflügel in den Bestand wahrscheinlich. Damit ist die Unterstützung des FLI zur Klärung der Eintragsursache nicht erforderlich.

Warum kann man die Tötung klinisch gesunder Tiere nicht durch Untersuchung vermeiden?
Bei den strengen gesetzlichen Vorgaben wurde berücksichtigt, dass die Geflügelpest eine hoch ansteckende Virusinfektion ist und sowohl Geflügel als auch andere Vogelarten befallen kann. Dem aktuellen Ausbruchsgeschehen sind an den norddeutschen Küsten mittlerweile mehr als 16.000 Wat- und Wasservögel zum Opfer gefallen. Allein im Landkreis Cloppenburg sind bisher in 18 Betrieben 209.000 Vögel, vor allem Puten, an dem Virus verendet oder im Rahmen von Bekämpfungsmaßnahmen getötet worden. Ein Ausbruch der Geflügelpest ist mit großem Tierleid und schweren wirtschaftlichen Folgen sowohl für die betroffenen Geflügelhaltungsbetriebe als auch für die in den Restriktionszonen gelegenen Betriebe verbunden.
Bei den Gesetzvorgaben wurde auch die mögliche Inkubationszeit für Geflügelpesterreger von bis zu 21 Tagen berücksichtigt. Daraus ist nicht abzuleiten, dass alle Vögel eines Bestandes an einem Tag infiziert sind und nach 21 Tagen alles vorbei ist. Es bedeutet vielmehr, dass die Tierseuche im Bestand über einen langen Zeitraum von Tier zu Tier weitergegeben wird. In dieser Zeit besteht immer die Gefahr der Übertragung des Erregers auf Wildvögel und damit auf andere Vogelbestände. Deshalb müssen die vorgeschriebenen Bekämpfungsmaßnahmen schnell umgesetzt werden. Heute getestete Tiere können sich noch in der Inkubation befinden und würden unter Umständen ein negatives Ergebnis zeigen, obwohl sie bereits mit dem Geflügelpesterreger infiziert sind und morgen den Erreger ausscheiden könnten.
Diese Ausbreitung im Bestand kann auch in Freiensteinau beobachtet werden. Nachdem in den ersten Januartagen von 17 Pfauen nur ein Tier die erste Infektionswelle überlebt hat, ist dieses Tier etwa zwei Wochen später ebenfalls an Geflügelpest verendet.
Neben der Tötungsanordnung für den Ausbruchsbetrieb muss auch ein Sperrbezirk mit einem Radius von mindestens 3 km und ein Beobachtungsgebiet mit einem Radius von mindestens 10 km eingerichtet werden. Der Sperrbezirk ist dabei Bestandteil des Beobachtungsgebietes. Von den Gebieten sind auch Teile des Landkreises Fulda, des Main-Kinzig-Kreises und des Wetteraukreises betroffen. In diesen Gebieten muss Geflügel in Ställen untergebracht werden. Außerdem unterliegen u.a. Eier, Geflügel und Gülle strengen Verbringungsregelungen. Die Restriktionsgebiete können frühestens 30 Tage nach Tötung der Vögel im Ausbruchsbestand und Abschluss der Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen im Ausbruchsbestand aufgehoben werden. Je später die Tötung durchgeführt wird oder durch weitere Untersuchungen wiederholt positive Tiere nachgewiesen werden, desto länger ist die Frist bis zur Aufhebung der Restriktionsgebiete. Der Gesetzgeber hat mit der vorgegebenen sofortigen Tötung des Ausbruchsbestandes auch das Wohlbefinden der Tiere und die Interessen der Tierhalter berücksichtigt, die unter den Sperrmaßnahmen in den Restriktionsgebieten zu leiden haben.

Warum wurde der Eilantrag des Tierhalters gegen die Tötungsverfügung vom VG Gießen abgelehnt?
Die Tierhalter in Freiensteinau haben gegen die Tötungsverfügung der Veterinärbehörde des Vogelsbergkreises mit einem Eilantrag Widerspruch beim VG Gießen eingelegt. Am 14.01.2020 hat das VG Gießen den Eilantrag der Tierhalter abgelehnt. Eine Beschwerde der Tierhalter gegen den Beschluss des VG Gießen hat der VGH Kassel mit Beschluss vom 18. Januar zurückgewiesen. In dem Beschluss bestätigt der VGH, dass im Falle des Bestandes in Freiensteinau von einer epidemiologischen Einheit auszugehen ist. Die Unterbringungsorte der Vögel sind nicht ausreichend getrennt, um eine Übertragbarkeit des Geflügelpesterregers innerhalb der Haltung zu verhindern. Das Gericht bestätigt ebenfalls, dass der Bestand im Rahmen einer gebundenen Entscheidung nach § 19 Abs. 1 der Geflügelpest-Verordnung zu töten ist. Die Größe eines Bestandes oder eine Gewinnerzielungsabsicht des Halters sind dabei nicht von Bedeutung.
Das Gericht stellt außerdem fest, dass der Antragsteller keinen Anspruch auf eine Ausnahmeentscheidung nach § 20 Abs. 1 der Geflügelpest-Verordnung hat, da die Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

Warum gibt es Fälle, bei denen von der Tötung der Tierbestände trotz Ausbruch der Geflügelpest abgesehen wurde?
Die häufig in den Medien zum Vergleich herangezogenen Fälle sind nicht direkt mit dem Geflügelpestausbruch in Freiensteinau vergleichbar. Es liegen zudem nicht in allen Fällen detaillierte Informationen vor, die zu der jeweiligen Ermessensentscheidung im Einzelfall geführt haben.
Im Falle des Opel Zoos lag bereits vor der Feststellung der Geflügelpest im Zoo ein Konzept für eine Ausnahmegenehmigung von der Tötung vor. Sowohl die baulichen und personellen Voraussetzungen als auch die Durchführung von Desinfektionsmaßnahmen zur Verhinderung einer Ausbreitung der Tierseuche in der Vogelhaltung waren bereits umgesetzt worden. Im Falle der Geflügelhaltung in Wörth (Landkreis Germersheim, RP) wurde „nur“ ein niedrigpathogenes Influenzavirus, also kein Geflügelpestvirus nachgewiesen. In diesem Fall ist eine Ausnahme von der Tötung in der Geflügelpest-Verordnung weniger streng geregelt als bei der Feststellung der hochpathogenen Virusvarianten. Dadurch konnte auch die Festlegung der Restriktionsgebiete um den Ausbruchsbestand mit einem so kleinen Radius gewählt werden, dass keine Wirtschaftsgeflügelhaltungen betroffen waren. Der Fall Wörth belegt anschaulich, wie lange Maßnahmen aufrechterhalten werden müssen, wenn durch wiederholt positive Ergebnisse bei den Nachuntersuchungen keine Aufhebung des Seuchenfalls möglich ist. In Wörth kam es bei Nachuntersuchungen wiederholt zu positiven Ergebnissen.

Wie werden die Tiere im Seuchenfall getötet?
Für die Fälle gesetzlich vorgeschriebener Tötungen von Tieren im Seuchenfall gelten strenge tierschutzrechtliche Vorgaben. Die Tiere wurden durch Injektion eines Euthanasiepräparates eingeschläfert. Die Tötung wurde durch ausgebildetes Fachpersonal vorgenommen.