ONE BILLION RISING auf dem Marktplatz in Alsfeld "Steht auf! Streikt! Tanzt!"


Die Premiere in Alsfeld war in 2017, jetzt war der Marktplatz zum zweiten Mal Veranstaltungsort für den Protesttanz: Bei herrlichem Sonnenschein waren knapp 50 Frauen und Männer dem Aufruf von Magdalena Pitzer gefolgt. Sie hatte gemeinsam mit dem Frauennetzwerk, dem Bündnis für Familie und im Namen der Beauftragten für Integration, Inklusion und Gleichstellung, Stephanie Kötschau, zum Tanzstreik eingeladen: „Wer tanzt, bewegt sich! Und mit Bewegung kann sich etwas verändern.“

Jede dritte Frau weltweit war schon Opfer von Gewalt, wurde geschlagen, zu sexuellem Kontakt gezwungen, vergewaltigt oder in anderer Form misshandelt – das sind mehr als eine Milliarde Mädchen und Frauen, daher der englische Titel "one billion rising". Hinter der Aktion steht die New Yorker Künstlerin und Feministin Eve Ensler, die 2012 zum ersten Mal dazu aufgerufen hatte, gemeinsam in der Öffentlichkeit zu tanzen und Solidarität mit weiblichen Gewaltopfern zu zeigen.

Die Zahlen sind alarmierend: "Nehmen wir die Kriminalstatistik zur häuslichen Gewalt: Die Polizei im Vogelsbergkreis registrierte 2017 allein 101 Fälle mit häuslicher und sexualisierter Gewalt, die Fachstelle für Frauen und Kinder in Not beim Vogelsbergkreis hat im vergangenen Jahr 109 Frauen wegen häuslicher oder sexualisierter Gewalt beraten", führte Pitzer aus. Dabei dürfe man nicht vergessen, dass dies nur die Spitze des Eisbergs sei und die Dunkelziffer weit höher liege. „Umso mehr freue ich mich über die heute von Ihnen allen zum Ausdruck gebrachte Solidarität. Ich bin froh, dass es im Vogelsbergkreis verlässliche Hilfsangebote gibt“, schloss Pitzer.

Alsfelds Stadtrat Heinrich Muhl dankte allen Organisatorinnen des Tanzstreiks. Es sei ihm ein Anliegen, über Umgangsformen zu sprechen, die Umgangsformen der Männer. „Gewalt gegen Mädchen und Frauen hat mit dem Durchsetzen von Macht zu tun, mit den falschen Mitteln und mit der falschen Begründung.“ Selbstverständlich mischte er sich unter die Tanzenden, genau wie beim letzten Mal auch.

Damals habe ihn ein Mann angesprochen: „Meinen Sie, dass das Rumgehopse auch nur eine Gewalttat verhindert?“ Seine Antwort: „Ja, ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir nur mit öffentlichen Aktionen auf Missstände aufmerksam machen, Aufmerksamkeit führt dazu, dass darüber geredet wird. Darüber reden führt zum Nachdenken, und Nachdenken führt zu Erkenntnis – vielleicht zur Erkenntnis, dass wir ein Verhalten an den Tag legen müssen, das das Leben erträglich und lebenswert macht.“

Inzwischen finden weltweit in mehr als 200 Ländern, deutschlandweit in mehr als 180 Städten Proteste in Form von „One Billion Rising“ statt – jedes Jahr wieder und immer am 14. Februar. Im Vogelsbergkreis ist er auch schon zum festen Termin geworden: Schon zum vierten Mal wurde hier getanzt.