Steckbrief und Fragebogen Mirjam Kneußel


So sieht ein typischer Tagesablauf in meine Tagespflegestelle aus:

  • Zunächst kommen die Kinder nach und nach an und spielen allein oder gemeinsam. Wenn alle Kinder da sind, singen wir ein Begrüßungslied und schauen meist gemeinsam ein Buch an. Dann geht es zum Händewaschen und es folgt das zweite Frühstück. Danach richte ich das Mittagessen und wir tanzen, singen, spielen, malen…gemeinsam. Dann gehen wir raus! Wie machen einen Spaziergang, gehen in den Garten, spielen Ball, fangen Seifenblasen… je nachdem wie das Wetter ist und wozu wir Lust haben. Dann gehen wir rein und es gibt Mittagessen. Danach wird ein Teil der Kinder abgeholt, die anderen machen ihren Mittagsschlaf bei mir. Wenn vor dem Abholen Zeit bleibt, wird noch ein bisschen gespielt. Ich merke jeden Tag, wie wichtig eine klare Struktur im Tagesablauf für die Kinder ist. Auch mir hilft das sehr, den Überblick zu behalten, besonders, wenn ich 4 oder sogar 5 Kinder in der Betreuung habe und es dann auch mal etwas turbulenter wird.

Meine Schwerpunkte/Besonderheiten in der Betreuung:

  • Mir ist wichtig, jedes Kind in seiner Einzigartigkeit wahrzunehmen, aber auch gemeinsame kleine Aktionen/Spiele zu fördern. Ich bin oft erstaunt, wie schnell es geht, dass selbst die Kleinsten schon „gemeinsam“ spielen. Toll ist auch, wenn ein Kind, vielleicht sogar das Jüngste, irgendeine Bewegung oder ein kleines Spiel beginnt und vormacht und dies dann plötzlich alle anderen begeistert aufgreifen und nachmachen. Wichtig ist mir auch, dass wir JEDEN Tag rausgehen. Es gibt für die Kinder oft nichts Schöneres, als an Regentagen durch die Pfützen zu hüpfen. Ich möchte ihnen ermöglichen, ihre Umwelt zu entdecken (Regenwürmer und Schnecken; Mäuerchen, auf denen man Balancieren kann; Blumen und Bienen; Blätter, die man sammeln kann, usw.). 

Mein schönstes Erlebnis als Tagesmutter:

  • Eigentlich gibt es an fast jedem Tag ein schönstes Erlebnis. Toll ist für mich, wenn ich Tageskinder, die ich mal betreut habe, ab und zu treffe und sehe, wie sie sich entwickeln. Vor kurzem habe ich plötzlich eine Nachricht von der Mutter eines Tageskinds bekommen, das zwei Jahre bei mir war und nun nach Österreich gezogen ist. Sie hat mir Bilder von dem Kind geschickt und berichtet, dass es in diesem Jahr bereits in die Schule kommt. Ich habe mich sehr gefreut, das Kind auf den Fotos zu sehen, da ich dachte, ich sehe sie durch den Umzug nie wieder. So etwas berührt und zeigt, dass die Bindung, auch wenn die Kinder noch sehr klein sind, wenn sie zu mir kommen, doch nie so ganz abreißt und man trotzdem immer wieder mal aneinander denkt.
  • Ein lustiger Ausspruch ist mir auch in Erinnerung: Als es mal Brokkoli zum Mittagessen gab, erklärte mir ein Tageskind: „Bäume esse ich nicht“ 😊!

Ich liebe meine Tätigkeit als Tagesmutter weil:

  • Der Beruf ist sehr abwechslungsreich und durch die Kinder wird es nie langweilig. Es ist sehr spannend zu sehen, wie schnell sie sich in dieser kurzen Zeit, in der sie bei mir sind, verändern, entwickeln, „groß werden“. Für mich war es toll, dass ich die Tätigkeit so gut mit meiner eigenen Familie vereinbaren konnte und mit meinen Hobbies und ehrenamtlichen Tätigkeiten. Ich bin noch als Übungsleiterin für Eltern-Kind und Kleinkinderturnen beim Turnverein Alsfeld tätig. Das passt perfekt!

Meine Herausforderungen und Stolpersteine als Tagesmutter:

  • Man trägt eine große Verantwortung. Es lauern für die Kinder ja doch immer irgendwelche „Gefahren“ im Alltag und man muss sie ständig alle im Auge haben und hundertprozentig auf dem Posten sein, damit ihnen nicht irgendetwas zustößt, bzw. sich die Kleinen bei irgendeiner Aktion verletzten. Und doch passiert trotzdem mal wieder was, da man es einfach nicht komplett verhindern kann. Auch die Eingewöhnung von neuen Kindern ist immer wieder eine Herausforderung. Werden sie sich wohlfühlen? Kommen wir miteinander aus? Wie lange dauert es, bis das Kind allein bei mir bleibt und Vertrauen aufgebaut hat? Wie schnell findet es sich zurecht. Zurzeit ist natürlich auch Corona eine große Herausforderung.

Fragebogen

Warum sind Sie Tagesmutter geworden?

  • Wegen der guten Vereinbarkeit mit meiner eigenen Familie/ der Betreuung meiner eigenen Kinder. Außerdem wollte ich immer gerne im pädagogischen Bereich arbeiten. So kann ich meine Kindertagespflege nach meinen Vorstellungen gestalten.

Würden Sie es wieder machen? Warum?

  • Ja, auf jeden Fall. Die Tätigkeit ist sehr abwechslungsreich und es wird nie langweilig.

Was ist aus Ihrer Sicht das Besondere an Kindertagespflege?

  • Der familiäre Rahmen, in dem die Kinder gut aufgehoben sind. Ich kann viel selbst gestalten und recht gut auf die Bedürfnisse der einzelnen Kinder eingehen.

Was ist aus Ihrer Sicht der Vorteil der Kindertagespflege für die Kinder/Eltern?

  • Dass es für die Kinder noch ein geschützter, familiärer Rahmen ist und noch keine große Kindertageseinrichtung, mit der einige Kinder mit einem Jahr eventuell noch überfordert sind. Da sind doch sehr viele Dinge, die auf einmal einwirken.

Viele Eltern entscheiden sich gegen eine Tagesmutter, weil Ihnen das Korrektiv fehlt. In einer Kita sind ja immer mehrere Erzieher*innen da, die im besten Fall mitbekommen, wenn eine Kollegin mal überfordert ist. Das ist bei einer Tagesmutter anders. Können Sie die Bedenken der Eltern nachvollziehen? Und was entgegnen Sie Ihnen?

  • Ich kann diese Bedenken auf jeden Fall nachvollziehen. Entgegnen kann ich darauf, dass wir gut geschult werden, uns mit immer neuen Themen beschäftigen und jedes Jahr an mindestens 20 Fortbildungsstunden teilnehmen müssen. Dabei lernen wir auch, was wir in stressigen Situationen tun können. Insofern hat man schon einiges „Handwerkszeug“ in petto, was man einsetzten kann, falls es mal drunter und drüber geht. Für mich persönlich kann ich sagen, dass ich schon über 30 Tageskinder betreut habe und ich von daher viel Erfahrung sammeln konnte, was mir hilft, auch schwierige Situationen zu meistern.

Wie werden Eltern auf Sie aufmerksam?

  • Inzwischen meistens durch Mund-zu-Mund-Propaganda. Ich bin auch auf der Homepage der Stadt Alsfeld zu finden oder das Jugendamt leitet die Eltern an mich weiter.

Welche Tipps können Sie Eltern an die Hand geben, wenn diese nach einer geeigneten Kindertagespflegeperson suchen?

  • Es ist sicher gut, sich zunächst umzusehen und verschiedene Tagespflegepersonen (TPP) kennenzulernen. Schließlich muss die Chemie stimmen. Wichtig ist auch, sich zu überlegen, ob man wirklich fest an einen Ort gebunden ist, oder ob es nicht auch eine Tagesmutter sein kann, die ihre Kindertagespflege „auf dem Weg“ zur Arbeitsstelle hat. Das erweitert den Kreis der TPP und man hat dann mehr Auswahl.

Wie erkennen Eltern, ob eine Tagesmutter „gut“ ist? Und was sind NoGos, die Eltern auffallen sollten?

  • Das ist eine schwierige Frage. Ich habe bei meinen Fortbildungskursen, die ich im Rahmen meiner Tätigkeit als Tagesmutter absolviere, nur Menschen kennengelernt, bei denen ich mir gut vorstellen kann, dass sie als Tagespflegeperson absolut geeignet sind. Von daher würde ich Eltern auf jeden Fall raten, ihr Kind nur von TPPs betreuen zu lassen, die auch eine Pflegeerlaubnis haben.

Wie läuft bei Ihnen in der Regel eine Eingewöhnung?

  • Bei der Frage stört mich „in der Regel“. Da die Kinder so unterschiedlich sind, fasst das eine schneller Vertrauen als das andere, so dass jede Eingewöhnung anders verläuft. Zunächst kommen die Kinder mit ihren Eltern bzw. einer Bezugsperson zum Spielen für eine Stunde vorbei, wenn die anderen Tageskinder nicht da sind. Dann kommen sie, wenn die anderen Kinder dabei sind. Die Eltern sind noch dabei, sollten sich aber mehr und mehr im Hintergrund halten. Irgendwann merkt man, dass das Kind Vertrauen fasst. Es geht schon mal mit in die Küche oder ins Bad, ohne dass die Mutter oder der Vater mitkommen. Dann versuchen wir im nächsten Schritt, dass das Kind für einen überschaubaren Zeitraum alleine bei mir bleibt. Das wird dann immer weiter gesteigert, bis die Betreuungszeit pro Tag erreicht ist, die die Eltern benötigen. Einen genauen Zeitplan, wie lange dieser Prozess dauert, kann man vorher geben.

Wie erleben Sie die Eltern bei der Eingewöhnung?

  • Auch die Eltern sind, genau wie die Kinder, ganz verschieden in der Eingewöhnung. Manchen Eltern fällt es schwerer loszulassen, manchen leichter. Und oft genug beeinflusst dies natürlich auch die Kinder. Wichtig ist, dass die Eltern mit mir als Person klarkommen und mir vertrauen. Sonst hilft die beste Eingewöhnung nichts und die Eltern sollten sich dann auch nach einer anderen TPP umsehen.

Wie unterstützen Sie die Kinder/die Eltern bei der Eingewöhnung?

  • Indem ich ganz individuell auf sie eingehe und ihnen die Zeit gebe, die sie brauchen. Außerdem müssen die Eltern einen guten Einblick bekommen, damit sie ebenfalls Vertrauen zu mir aufbauen können und ihr Kind dann beruhigt bei mir lassen können.

Was ist wichtig für das Gelingen einer Eingewöhnung?

  • Wie oben schon gesagt, nur mit gegenseitigem Vertrauen und Sympathie, kann die Eingewöhnung gelingen. Und sie muss auf das Kind ausgerichtet sein. Gut ist es natürlich, wenn die Eltern sich zeitig um einen Betreuungsplatz bemühen, damit man sich im Vorfeld gut kennenlernen und ich mir ein Bild von dem Kind machen kann. Dann ist gewährleistet, dass das Kind genug Zeit zum Eingewöhnen bekommt und sich zum eigentlichen Starttermin in meiner Tagespflege wohl fühlt.

Wie gestalten Sie die Übergänge zum Kindergarten?

  • Ich versuche die Kinder darauf im Gespräch und auch mit Bilderbüchern vorzubereiten, dass nun etwas Neues kommt. Da ich direkt neben einem Kindergarten wohne, können wir immer mal schauen, wie es dort auf dem Außengelände so zugeht 😉.

Was hat sich durch Corona an ihrer Tätigkeit geändert? / Wie läuft die KTP auch unter Pandemiebedingungen weiter?

  • Leider muss man sich einschränken. Die Eltern dürfen nicht mehr reinkommen (wenn das für die Kinder in Ordnung ist natürlich). Dadurch fehlen oft die kurzen Gespräche und der Austausch. Manche Kinder dürfen eine Zeit lang gar nicht mehr kommen, bzw. die Betreuungszeiten müssen reduziert werden, wenn die Betreuung nicht unbedingt nötig ist.

Was sind für sie aktuell wichtige Themen in ihrer Arbeit? (Worüber machen sie sich viele Gedanken? Welche Problematiken begegnen ihnen häufig?)

  • Nach wie vor ein wichtiges Thema ist für mich die Vertretung im Krankheitsfall. Es wäre toll, wenn es gelingt, ein Vertretungsnetzwerk aufzubauen. Wie auch immer das dann genau aussieht. Zudem mache ich mir Gedanken, wie ich die Balance finde, dem Schutz vor Corona gerecht zu werden, aber auch die Psyche der Kinder im Blick zu haben, die nicht verstehen können, warum sie plötzlich nicht mehr (oder nur noch ab und zu) zu mir und ihren liebgewonnenen Spielgefährten kommen dürfen.

Was würden Sie neuen Kindertagespflegepersonen mit auf den Weg geben?

  • Wichtig ist, dass man sich vorher ein Konzept überlegt. Was ist mir wichtig, wo liegen meine Schwerpunkte, wie läuft mein Tag ab? Wie viele Stunden am Tag möchte ich die Betreuung anbieten, was kann ich leisten. Die Eltern merken dann, dass man von sich und seinem Konzept überzeugt ist und das Kind gut aufgehoben ist. Am Anfang läuft man sicher Gefahr, es allen recht machen zu wollen. Deshalb sollte man am Anfang immer mal wieder hinterfragen, ob alles so passt und ob man sich gut damit fühlt. Das ist der große Vorteil: Wir können unsere Tagespflege so gestalten, dass wir uns damit wohlfühlen. Dann werden sich auch die Kinder bei uns wohlfühlen.

Steckbrief:

  • Name: Mirjam Kneußel
  • Alter: 47
  • familiäre Situation: verheiratet, drei Kinder (zwei bereits aus dem Haus)
  • Name der Kindertagespflegestelle: Kindertagespflege Sonnenschein
  • Ort der Betreuung: Alsfeld
  • Anzahl der Kinder: zurzeit 4
  • Altersspektrum der Tagespflegekinder: 1 bis 3 Jahre
  • Betreuungstage und -zeiten: Mo bis Fr von 7 Uhr bis 14.30 Uhr
  • Tagesmutter seit: 12 Jahren
  • Anzahl der Kinder, die seitdem in meiner Tagespflegestelle betreut wurden: über 30 Kinder